Witwe von Konrad Hansen und Hanna Kempfert besuchen Geschichtsunterricht an der GSP.
Die 14 historischen Spurensucher des Wahlpflichtkurses (WPK) „Regionalgeschichte“ des zehnten Jahrgangs der Gemeinschaftsschule Probstei (GSP) in Schönberg und ihre Lehrerin Sabine Zeis hatten am vergangenen Montag mit Silke Hansen und Hannah Kempfert prominenten Besuch in ihrem Geschichtsunterricht. Silke Hansen, Witwe des anerkannten deutschen Schriftstellers Konrad Hansen (1933-2012), der seine Jugend in Schönberg verbrachte und in Heikendorf lebte und Hanna Kempfert, anerkannte Schönberger Historikerin, bereicherten als Zeitzeuginnen mit spannenden Erzählungen und Informationen den GSP-Geschichtsunterricht.
GSP-Geschichtslehrerin Sabine Zeis war bereits nach ihrem zweiten Staatsexamen für einige Jahre in der Regionalgeschichtsforschung tätig gewesen, hatte Veröffentlichungen begleitet, Ausstellungen konzipiert und sogar selbst ein Buch geschrieben. Schon bevor sie als Pädagogin nach Schönberg kam, war sie auf mehrere hochinteressante historische Romane des Autors Konrad Hansen gestoßen, der von 1939 bis 1943 die Schönberger Volkschule besucht hatte und über die Stationen Mittelschule, Gymnasium in Wellingdorf, Studium und Weiterentwicklung seiner künstlerischen und kreativen Ader zu einem bekannten Autor, Intendanten und Theaterregisseur wurde. Ihr Wissen über historische Zusammenhänge in Schönberg verpackte Sabine Zeis nun in ihren Geschichtsunterricht.
Die Schülerinnen und Schüler des WPK-Regionalgeschichte hatten biografische Daten zu Konrad Hansen im Internet recherchiert. Insbesondere die beiden direkt in Schönberg angesiedelten Romane "Die Rückkehr der Wölfe" aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (auch von Hexenverbrennungen in Schönberg ist hier zu lesen) und "Der wilde Sommer" aus dem Jahr 1945 wurden gelesen. Zudem wurde das zwölfseitige "Regulativ für die combinirte Armen- und Arbeitsanstalt der Kirchspiele Schönberg und Probsteierhagen" von 1866 intensiv bearbeitet. „Die Geschichte der Armenanstalt näher zu erforschen, die Geschichten von Kindern, die dort untergebracht waren, wie sie versorgt wurden, ob und wie sie eine Schulbildung erhielten waren sehr lehrreich und interessant“, sagte GSP-Schülerin Georgia Krug.
Da Konrad Hansen im August 2012 leider verstorben war, nahm GSP-Schülerin Anna-Lena Schmidt Kontakt zu Silke Hansen, der Witwe Konrad Hansens, auf und lud sie in die Schule ein. Silke Hansen kam gern und brachte Hanna Kempfert, Museumsvereinsvorsitzende in Schönberg von 2000 bis 2010, gleich mit. Die Männer der beiden Frauen hatten bereits als Kinder in der gleichen Straße gewohnt und hatten sich von dem gleichen Lehrer (Lehrer Augustin), der sich sehr für die Geschichte interessierte, inspirieren lassen. Hanna Kempfert konnte den Schülern berichten, dass sie 1940 in ebenjenem Krankenhaus geboren worden war, das direkt zum Komplex des Armenhauses gehörte. Als mit der Schönberger Geschichte bestens vertraut, konnte sie auch auf Georgia Krugs Frage, ob es das in Konrad Hansens "Der wilde Sommer" beschriebene behinderte "Krokauer Kind", das auf makabre Weise zu Tode kam, wirklich gab, näher eingehen. So wusste sie von Fällen zu berichten, wo Menschen mit Behinderung einfach weggesperrt worden waren. Sie erzählte die Geschichte eines behinderten Kindes in Stakendorf, das in einem Käfig gelebt hatte und nannte auch bekannte Personen aus dem Armenhaus, die in Konrad Hansens Roman auftauchen. Silke Hansen berichtete den Schülern über die umfangreichen Recherchen, Gespräche und Reisen, die mit der Stoffsammlung für ein Buch einhergehen. Aber auch, mit welcher Phantasie ihr verstorbener Mann und Fabuliertalent Konrad Hansen historisch Authentisches und reale Personen mit fiktiven Ereignissen und Gestalten vermischte oder die Eigenschaften mehrerer realer Personen in einer einzigen Figur zusammenschmolz. Zum Abschluss trug sie der Gruppe den Originaltext einer anlässlich einer Buchveröffentlichung enstandenen Radiosendung vom 17. Februar 2005 vor. Es war ihr ein Anliegen, Konrad Hansen auf diese Weise noch einmal persönlich zu Wort kommen zu lassen. „Das war heute lebendige Geschichte. Wir sind sehr beeindruckt von den beiden tollen Frauen, ihren Erzählungen und Erlebnissen“, sagte GSP-Lehrerin Sabine Zeis und bedankte sich im Namen ihrer Schüler mit einem prächtigen Blumenstrauß. (Lü)